Regelkunde: Ein interessanter Fall zur Stellungswiederholung

Nach dem Mannschaftskampf unserer 1. Mannschaft erreichte uns von Jean-Pierre eine interessante und lehrreiche Regelfrage, die wir unbedingt mit allen Schachfreundinnen und -freunden teilen möchten. Solche Situationen können im Ligabetrieb jederzeit auftreten – und dann ist es gut zu wissen, wie die offizielle Regelung lautet.

Jean-Pierre schreibt:

„Wir hatten heute einen interessanten Fall in der ersten Mannschaft, den ich euch nicht vorenthalten möchte, da dies eventuell entscheidend sein könnte.“

Er weist außerdem darauf hin, dass er die folgende Auslegung noch einmal offiziell bestätigen lässt, sich aber bereits sicher ist, korrekt zu liegen. Grundlage seiner Einschätzung sind unter anderem:

  • FIDE-Regeln: Artikel 12.2; 12.2.1; 12.7
  • FIDE Arbiter’s Manual: Abschnitt Team Competitions / Team Captain
  • Deutsche Schachregeln / DSB-Turnierordnungen: Ergänzungen für Mannschaftskämpfe §5 und §2

Der Fall im Überblick

Ein Spieler reklamiert dreifache Stellungswiederholung – allerdings erst, nachdem er seinen Zug ausgeführt und die Uhr gedrückt hat. Erst danach hält er die Uhr an und erhebt die Reklamation.

Entscheidung

Die Reklamation wird gemäß Artikel 9.2.1 und Artikel 9.5.1 der FIDE-Schachregeln zurückgewiesen.

Warum ist die Reklamation ungültig? – Die Begründung

  1. Eine gültige Reklamation auf Remis durch dreifache Stellungswiederholung ist nur in zwei Fällen möglich:
    a) Der Spieler notiert den reklamationsrelevanten Zug zunächst auf dem Partieformular, ohne ihn auszuführen, und erklärt dann seine Absicht zu reklamieren.
    oder
    b) Die dreifach identische Stellung ist bereits entstanden, und der Spieler ist am Zug.
  2. Im vorliegenden Fall hat der Spieler jedoch seinen Zug ausgeführt, danach die Uhr gedrückt – und damit den Zug regeltechnisch abgeschlossen.
  3. Zum Zeitpunkt der Reklamation war der Spieler nicht mehr am Zug. Damit ist die Reklamation gemäß Art. 9.2.1.2 unzulässig.
  4. Die Reklamation ist somit ungültig.

Wer darf protestieren?

Ein Protest gegen eine solche Entscheidung kann ausschließlich erfolgen durch

  • die betroffene Person,
  • den Mannschaftsführer,
  • oder den Wettkampfleiter.

Folge für die Partie

Die Partie wird ganz normal fortgesetzt, und der Gegner ist am Zug.